
Halyna Leontiy
Als Kultursoziologin erforsche ich mikrosoziologisch eine Bandbreite von Fragen im Bereich der Interkulturalität, Migrations-, Mehrsprachigkeits-, Diversitäts- und Komikforschung. Meine eigene Biografie prägt dabei wesentlich meinen Blick auf den „Migrationshintergrund“, den ich nicht als Defizit, sondern als großes Potential betrachte. Die Beschäftigung mit Interkulturalität und Mehrsprachigkeit begleitet mich in vielerlei Hinsicht bereits mein Leben lang. Als gebürtige Bukowinerin (Czernowitz, Westukraine) bin ich mit der friedlichen Koexistenz mehrsprachiger und polykultureller Individuen groß geworden. Die erste Sprache, die ich lernte, war ein westukrainischer Dialekt. Mit der Einschulung kamen weitere hinzu: das literarische Ukrainisch, Russisch und Deutsch.
Nach Abschluss der – damals einzigen – Schule mit vertieftem Deutschunterricht studierte ich zwei Jahre lang Germanistik an der Staatlichen Universität Chernowitz und erhielt nach meinem studienbedingten Umzug nach Deutschland schließlich 1999 meinen Abschluss als Magister Artium in den Fächern Sprachwissenschaft mit germanistischem Schwerpunkt, Soziologie und Rechtswissenschaften. Bereits in meiner Masterarbeit analysierte ich kontrastiv deutsche und ukrainische Telefongespräche. Das Themenfeld der interkulturellen, empirischen, soziologischen bzw. soziolinguistischen Forschung fasziniert mich nach wie vor. Seit 1996 sind in unterschiedlichen Kooperationen Projekte, Publikationen und Lehrveranstaltungen aus diesem Interesse hervorgegangen. Im Anschluss an das Magisterstudium wurde ich bei Prof. Hans-Georg Soeffner (Soziologie, Universität Konstanz) und Prof. Helga Kotthoff (Linguistik, damals PH Freiburg) mit der Arbeit „Interkulturelle Wirtschaftskommunikation am Beispiel deutsch-ukrainischer Arbeitskontexte“ promoviert.
Parallel zu meiner Lehrtätigkeit entwickelte ich dann mein eigenes Post-Dok-Forschungsprojekt zum Thema „Migration und Komik“. Mithilfe einer Anschubfinanzierung richtete ich mir über einen DFG-Antrag (Eigene Stelle) eine eigene Stelle am Kulturwissenschaftlichen Institut (KWI) Essen ein, wo ich schließlich von Oktober 2012 bis März 2016 zu „Migration und Komik – Soziale Funktionen und konversationelle Potentiale von Komik und Satire in den interethnischen Beziehungen Deutschlands“ forschte. Während der Jahre am Zentrum für Gender- und Diversitätsforschung (ZGD) in Tübingen von 2016 bis 2019 erweiterte ich meinen wissenschaftlichen Erfahrungsschatz um die bereichernde Kategorie „Diversität“ im Kontext von universitären Fachkulturen.
Seit dem 01.11.2019 bin ich Gastwissenschaftlerin am Interdisziplinären Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung (InZentIM) der Universität Duisburg-Essen und entwickle von dort aus neue, größtenteils internationale, Forschungsprojekte:
- Mehrsprachigkeit als Ressource in Migrationsgesellschaften
- Auswirkungen von EU-Politik zur Wahrung der Menschenrechte von sexuellen Minderheiten auf die europäischen Gesellschaften
- Folgen von „replacement working migration“ zwischen der Ukraine, Polen und Deutschland
- interpersonale Beziehungen in der Zivilgesellschaft als Ressource für die Deokkupierung und Reintegration in Zonen der militärischen Langzeitkonflikte.